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Sonne speist Konten und Gewissen

Bürgerengagement - Privat finanzierte Solaranlagen auf Rommelsbacher Schuldächern. Schnelle Reaktion der Stadt.


REUTLINGEN-ROMMELSBACH. Ab dem nächsten Frühjahr haben in Reutlingen Stadtkämmerer und Bürger einen Grund mehr, sich über gutes Wetter zu freuen: Jede Stunde Sonnenschein bringt klingende Münze in Stadt- und private Säckel. Die Verwaltung hat »erfreulich schnell« auf eine Anfrage von »Rommelsbach aktiv« reagiert, lobt Georg Leitenberger. Mit seinen zwei Bezirksgemeinderats-Kolleginnen Christine Landgraf und Andrea Löffler hat er im Februar bei der Stadt angefragt, ob sie nicht ihre Dachflächen für so genannte Bürgersolaranlagen zur Verfügung stellen wolle. Die Stadt will. Als Pachtzins wird sie Prozente pro eingespeister Kilowattstunde bekommen.


Für eine 40-Kilowattpeak-(kwp)-Anlage (der Wert beschreibt die Spitzenleistung) auf dem Dach der Turnhalle im Reisweg bei der Grundschule ist der Vertrag schon unter Dach und Fach. Die Betreibergesellschaft ist gegründet, ab Februar wird die Anlage aufgebaut. Für das insgesamt 250 kwp starke Projekt auf den Dächern des Bildungszentrums Nord (BZN) ist der Vertrag noch in den Fachämtern des Rathauses unterwegs. Zum Vergleich: Der jährliche Strombedarf eines Einfamilienhauses liege bei 4 bis 5 kwp, so Leitenberger und Alfred Biebl von der Rommelsbacher Firma Bioteeg, die das Management der Bürgersolaranlagen übernehmen wird.

Photovoltaikanlagen beruhigen mitnichten nur die Gewissen enthusiastischer Umweltschützer. »Wir können den Investoren eine Rendite von neun Prozent bieten«, rechnet Leitenberger vor. Geldquelle ist das »Erneuerbare Energien Gesetz« (EEG), das auch unter der neuen Regierung nicht angetastet wurde. Es garantiert ab 2006 für einen Zeitraum von 20 Jahren feste Vergütungen für Solarstrom. »Eine sicherere und ergiebigere Geldanlage finden Sie zurzeit erst mal«, resümieren Leitenberger und Biebl den ökonomischen Aspekt des Bürgerengagements, bei dem ausschließlich Privatleute, keine Firmen, mitmachen können.

Die zwei Rommelsbacher Solarfreaks haben sich erst durch das Dächerprojekt näher kennen gelernt: Unabhängig von der Rommelsbach-aktiv-Anfrage war Biebl im Sommer bei der Stadt vorstellig geworden, ob sie Interesse an Photovoltaikanlagen habe. Seit drei Jahren bestückt er in Süddeutschland öffentliche und private Dächer damit. Beratung, Vermittlung und Betreuung von alternativen Energieanlagen sind sein Geschäft. Kürzlich setzte er dem Pfullinger Schiller-Gymnasium Sonnenzellen aufs Dach. Nicht nur umweltbewusste Rommelsbacher sind von den Bürgersolaranlagen begeistert, sondern auch die Schuldirektoren. »Am BZN soll ich auch zehn Unterrichtsstunden geben«, erzählt Biebl. Schließlich seien die Anlagen Anschauungsobjekt für moderne Technologie und Umweltschutz sowie dezentrale Energieversorgung. Auch Vorträge für Eltern seien geplant.

Das Großprojekt BZN soll in mehrere Partien aufgeteilt werden, um möglichst schnell beginnen zu können. »Für die gesamten 250 kwp fehlen uns noch Investoren, daher fangen wir mit kleineren Losen an«, erklärt Biebl, der nicht nur als Berater auf Einmal-Honorarbasis mit von der Partie ist. Als Gesellschafter steckt er privates Geld in die Anlagen. »Ich bin schließlich überzeugt davon!«

Beim BZN-Projekt seien natürlich auch Bürger aus den umliegenden Gemeinden als Investoren willkommen, betont Leitenberger. Doch sollen die Geldgeber sich auch mit den von ihnen finanzierten Solarmodulen identifizieren können, sprich, aufs Schuldach schauen und sich sagen, da oben steht und arbeitet es. »Am besten wäre es natürlich, das machen uns auch andere Reutlinger Stadtbezirke nach«, wünscht sich der Rommelsbacher Kommunalpolitiker. (Quelle: GEA Reutlingen 03.01.2006)